#06: Sauberes Wasser und Sanitäreinrichtungen – Caro Weber

Wer bist du und welche Pronomen benutzt?

Ich bin Caro. Ich benutze Pronomen sie/ihr.

Was machst du so in deinem Leben?

Ich wohne und studiere soziale Arbeit in Berlin und versuch mich viel dort zu engagieren, wo ich es für sinnvoll halte. Aktuell bin ich deshalb in der Wasserbesetzung unterwegs und mache viel Bündnisarbeit. Vorher war ich eher in feministisch- antifaschistischen Kreisen unterwegs, aber Orte, wie Lützerath und Wuhlheide, die vielen Menschen Mut geben, haben mich inspiriert, beim Wasserwald mitzumachen. Außerdem finde ich die Thematik um die Grünheide zwar sehr komplex, aber auch sehr spannend.

Was heißt für dich an der Stelle komplex?

Wir haben hier den Fokus auf Wasser gesetzt. Wir haben gesagt, dass es das wichtigste ist, hier das Grundwasser zu schützen, weil Wasserkrisen immer bedeutender werden. Ich bin in Berlin aufgewachsen. Da haben wir in der Schule immer gelernt, dass Wasser irgendwann knapp wird, dass wir aber in Berlin viel Grundwasser haben und allgemein Deutschland dahingehend gut aufgestellt ist. Das ist zum einen eine sehr egoistische Denkweise und zum anderen sehen wir, dass Wasserkrisen zunehmend hier ein Thema sind. Brandenburg ist zum Beispiel eine der trockensten Regionen Deutschlands. Alleine darüber könnte ich schon eine halbe Stunde reden.

Es gibt aber noch weitere Faktoren. Es gibt den Wald, der geschützt werden muss und die Anwohnenden, die sich in einem demokratischen Votum gegen eine Erweiterung der Teslafabrik entschieden haben. Weiterhin gibt es die ganze Problematik darum, was hier eigentlich produziert wird und für wen, denn hier werden in erster Linie teure Autos produziert, die eine Mobilitätswende für alle nicht weiterbringen. Der Arbeitsschutz ist mangelhaft und die Rohstoffe zur Herstellung der Teslas werden unter höchst problematischen Bedingungen gewonnen.

Merkt man aktuell schon konkret, dass das Wasser hier in Brandenburg knapp wird?

Hier in Brandenburg wird den Haushalten schon das Wasser rationiert. Wenn sie über eine bestimmte Menge am Tag verbrauchen, passiert jetzt gerade noch nicht so viel, aber in Zukunft werden sie dafür Strafe zahlen müssen. Währenddessen kann Tesla hier massiv viel Wasser verbrauchen und dazu in einem ganz anderen Maß verschmutzen. Es gab hier schon viele dokumentierte Umwelthavarien. Eine illegale Tankstelle auf dem Teslagelände zum Beispiel, die mit einem Partyzelt verdeckt war, ist eine der absurdesten Sachen. Außerdem gibt es Nachweise über eine zu hohe Schadstoffbelastung im Grundwasser, zum Beispiel von Phosphor und Stickstoff. Es gibt zudem eine Diskussion um Ewigkeitschemikalien. Da stecke ich nicht so tief drin, aber bei der Lackierung werden sogenannte Ewigkeitschemikalien verwendet, die sich sehr schlecht abbauen lassen. Das ist bisher noch nicht im Trink- bzw. Grundwasser zu sehen, weil es ein paar Jahre dauert, aber es wird sich in ein paar Jahren zeigen.

Generell gibt es hier eine massive Waldbrandgefahr. Das sieht man überall auf der Welt, auch in Europa und in Deutschland. Die letzten Sommer waren ziemlich trocken und diesen Sommer werden wir damit wieder große Probleme haben. Deshalb ist es ein massives Problem, wenn hier das Grundwasser abgepumpt und viel Trinkwasser entnommen wird. In Berlin wird Trinkwasser von hier aus der Grünheide bezogen und das meiste aus der Spree entzogen. Doch durch die Abschaltung der Braunkohle in Südbrandenburg und der Lausitz wird die Spree in der Zukunft weniger Wasser führen. So wird es immer trockener. Natürlich ist Tesla dabei nicht der einzige Verbraucher, die LEAG verbraucht zum Beispiel unglaublich viel Wasser, aber diese Faktoren gehören alle zusammen. Es ist deshalb wichtig zu betonen, dass Tesla nur ein Problem im Kontext der Wasserkämpfe ist. Man muss nicht weit schauen, um den nächsten Konzern zu sehen, der Profite vor unsere gesicherte Trinkwasserversorgung stellt.

Okay. Dann würde ich jetzt noch mal ein bisschen weiter rauszoomen. Im Nachhaltigkeitsziel wird gefordert, dass jeder Mensch Zugang zu einwandfreiem und bezahlbarem Trinkwasser haben sollte. Das ist offensichtlich nicht der Fall auf der Welt. Woran denkst du, liegt das?

Ich verwende jetzt mal zwei tolle K-Wörter: Kapitalismus und Kolonialismus. Nein, aber jetzt mal ernsthaft. Man sieht hier lokal, wie Profitinteressen vor die Interessen der Menschen gestellt werden und global hat man das natürlich noch mal in einem ganz anderen Ausmaß.

Manche Leute sprechen da von neokolonialen Zuständen oder Zuständen, die sich seit dem Kolonialismus bis heute ziehen. Wir sehen, dass in Ländern des Globalen Südens massiv viel Wasser privatisiert wird, aber auch in Deutschland gab es schon Wasserprivatisierungen.

Wasser zu privatisieren ist aus meiner Sicht absurd. Es ist ein gemeinschaftliches Gut, eine Lebensgrundlage, wie natürlich auch unser Grund und Boden. Bei Wasser ist es nur noch absurder zu sehen, wie im Kapitalismus einfach so die eigenen Lebensgrundlagen verkauft werden.

Dann noch mal hier in dem Kontext speziell das Thema Südamerika. Wie ist die Lage in Südamerika und was würdest du dir dahingehend wünschen von lokaler oder internationaler Politik?

Wir hatten vor kurzem Leute von Bloque Latinoamericano zu Gast und waren zum Beispiel mit dem Leiter des lateinamerikanischen Observatorium für Umweltkonflikte (OLCA) Lucio Cuenca Berger im Kontakt. Die weisen ganz stark darauf hin, dass der Lithiumabbau in der Atacamawüste und im sogenannte Lithium-Dreieck bei Bolivien, Chile und Argentinien ein massives Problem ist. Dort wird in riesigen Auffangbecken das Lithium gewonnen. Das ist sehr wasserintensiv und führt dazu, dass Leute vor Ort ihre Lebensgrundlage entzogen wird.

Ich weiß gar nicht, was ich mir wünschen würde von der lokalen Politik dort. Mein Vertrauen liegt eher in Menschen, wie Lucio Berger und OLCA, die lokal in dem Widerstand aktiv sind und auf die Problematiken hinweisen. Sie sagen ganz klar, dass mit unseren Ressourcen nicht so umgegangen werden kann. Dieses Lithium wird natürlich nicht nur in Teslas, da hört das Problem nicht auf – Es landet in unseren Handyakkus, unseren Laptopakkus und so weiter, aber natürlich bei Tesla in einem viel höheren Maße.

In unsere Politik hier habe ich da leider keine großen Erwartungen, denn egal welche Erwartungen ich hätte, ich gehe davon aus, dass sie sie weit verfehlen würden. Wir sehen hier lokal leider ganz klar, wie Tesla der rote Teppich ausgerollt und so getan wird, als wäre es eine grüne Technologie.

Was heißt „ihm wird der rote Teppich ausgerollt von der Politik“?

Diese Fabrik wurde hier gebaut, als der endgültige Bebauungsplan noch gar nicht stand. Hier wurde mit Teilgenehmigungen gearbeitet. Man schüttelt häufig den Kopf über deutsche Bürokratie, aber zum Beispiel für Naturschutz hat es schon auch was Gutes, sich die Situationen genau anzuschauen. In diesem Fall genau zu schauen, ob es wirklich eine gute Idee ist, in ein Trinkwasserschutzgebiet eine Fabrik zu bauen. Die Pläne dazu reichen noch weiter zurück, nämlich als hier ein anderer Autokonzern bauen wollte. Das würde heutzutage, vermute ich, nicht so einfach passieren in einem Trinkwasserschutzgebiet. Dadurch, dass es nun aber schon als Industriegebiet ausgeschrieben war, war es möglich. Der ganze Plan für die Fabrik stand noch nicht, aber auch mit der Teilgenehmigung durfte Tesla bereits Bäume roden. Die Logik dahinter ist, dass wenn das gesamte Bauvorhaben doch nicht genehmigt wird, der Wald zurückgebaut werden kann. Das ist bei einem Wald, der hier schon über 90 Jahre steht, aber gar nicht so einfach. Außerdem wäre es massive Ressourcenverschwendung und deshalb war klar, dass die Genehmigung am Ende erfolgen würde. Dabei scheint es egal zu sein, dass illegale Tankstellen entstehen und dass Schadstoffe auslaufen. Dass der Arbeitsschutz hier schlecht ist und dass der Betriebsrat am Anfang gewählt wurde, bevor überhaupt Leute eingestellt wurden und deshalb fast nur Leute vom Management darinsitzen. Da kann man sich nur an den Kopf fassen.

Der Wasserverband Strausberg-Erkner hat sich natürlich weiter dafür stark gemacht, die Region zu schützen. Zwischendurch hat er sogar gedroht, Tesla hier wirklich den Hahn abzudrehen. Das ist noch gar nicht lange her. Diese Entscheidung wurde dann vertagt und noch mal vertagt und daraufhin ist der Vorsitzende, der übrigens von der CDU war, zurückgetreten mit den Worten: „Die Lobbyisten haben gewonnen“. Er meinte, man kann das Wasser hier nicht schützen, denn egal, was bei Tesla passiert, die dürfen immer weitermachen.

Wer ist da dann die Entscheidungsstelle?

Es gab eine sogenannte Task Force Tesla, da saßen zum Beispiel der Wirtschaftsminister, der Innenminister und der Ministerpräsident von Brandenburg drin, insgesamt drei Leute, die ich nicht mag. Die heißen Woidke, Steinbach und Stübgen vom Land Brandenburg. Die haben das ganze immer sehr viel vorangetrieben und der Wirtschaftsminister hat sich zum Beispiel sehr schnell deutlich gegen unser Camp positioniert.

Ein Teil des Nachhaltigkeitsziels ist es, eine angemessene Sanitärsituation für alle Menschen zu gewährleisten. Weshalb sind Flinta* von einer schlechten Sanitärsituation mehr betroffen als nicht Flinta*?

Ich nenne da einfach mal zwei Beispiele.

Zum einen sind natürlich Flinta*-Personen stärker von Gewalt und sexualisierter Gewalt betroffen. Dafür ist es wichtig, dass man Schutzräume hat. Auch Toiletten sind Schutzräume, weil das natürlich Orte sind, in denen wir sehr vulnerabel sind. Wenn die nicht sicher oder vielleicht gar nicht existent sind, ist das ein massives Problem.

Zum anderen sind menstruierende Personen auf sauberes Wasser angewiesen oder überhaupt natürlich auf Menstruationsartikel. Die wechselt man normalerweise oder meistens in sanitären Anlagen.

Wie kann die Situation mit Tesla in der Grünheide aufgelöst werden? Was wäre quasi dein best Case Szenario?

Gerade wollen wir vor allem die Erweiterung stoppen. Wenn wir diese Erweiterung stoppen, dieser Wald und wenigstens ein Teil des Trinkwasserschutzgebietes bestehen bleibt, ist schon mal ein Teilziel erreicht. Trotzdem besteht dann aber weiter dieses Werk. Es besteht weiterhin die Gefahr, dass Chemikalien ins Wasser kommen. Es besteht weiterhin dieser große Wasserverbrauch und es werden weiterhin Menschen und Ressourcen ausgebeutet.

Zu den Wasser-Wald-Gerechtigkeitstagen wurde eine schöne Perspektive aufgemacht, die ich wichtig finde hochzuhalten. Natürlich brauchen wir Mobilität. Sie kann aber nicht so aussehen wie bei Tesla. Tesla produziert teure Autos, die unnötig viel Ressourcen verbrauchen und zudem rein dem Individualverkehr zugutekommen. Stattdessen sollte geschaut werden, was wir als Gesellschaft wirklich brauchen. Da bleibt dann sowas wie Krankenwagen, oder Autos, um zum Beispiel Pflege auf dem Land zu betreiben. Es wird immer Leute geben, die auf diese Art Verkehrsmittel angewiesen sind. Die brauchen aber keine SUVs. In der Fabrik könnten aber andere Dinge über Autos hinaus produziert werden. Wenn wir bei Elektromobilität bleiben, wären das zum Beispiel Busse, Straßenbahnen und Fahrräder. Fabriken haben natürlich ihren Sinn, aber es ist die Frage, wie wir unsere Ressourcen einsetzen. Hoffentlich nicht in Teslas, die zu Hauf hier auf dem Flughafengelände um die Ecke stehen und stehen und stehen und nicht verkauft werden, weil es nicht genug Menschen gibt, die sie haben wollen, beziehungsweise sich solche Autos leisten können. Hier wird produziert und erweitert, damit eine Aktie steigt und diese Wachstumslüge von Tesla weitergeführt werden kann. Wenn sich eine Produktion an den Menschen orientieren soll, müssen wir andere Sachen produzieren und anders produzieren. Viele Leute haben hier Expertise und es gibt natürlich Leute, die hier gerne arbeiten. Mit denen könnte man über ihre Ideen in den Austausch gehen, was man hier sinnvoller produzieren kann. Das sollte aber ohne so eine ekelhafte Hierarchie passieren, bei der Menschen Angst haben müssen, gefeuert zu werden, wenn sie zu kritisch sind. Das geht wiederum nur in einer Fabrik, die nicht den Profitinteressen einzelner Leute unterliegt.

Was könnten Leser*innen machen, um diesem Best-Case-Szenario näher zu kommen?

Zunächst einmal sich informieren und das Thema Wasserkämpfe auf dem Schirm haben. Den Wasserhahn ausmachen, wenn man ihn nicht mehr braucht, ist natürlich eine gute Sache, aber es geht da schon um mehr. Dies ist nicht der einzige Wasserkampf. In ganz Deutschland und darüber hinaus gibt es ganz viele lokale Kämpfe. In der Lausitz gegen die LEAG zum Beispiel, in Baruth in Brandenburg die Wasserprivatisierung von Red Bull. Es gibt ganz viele Orte, bei denen es sich lohnt, den lokalen Widerstand zu unterstützen und darauf hinzuweisen. Ich bin überzeugt, dass es sehr hilft, lokal angebunden zu sein, weil man dann über die ganzen Gegebenheiten viel erfahren kann. Man kann sich mit anderen interessierten Leuten vernetzen, man kann international Kämpfe zusammendenken. Es ist ein sehr guter Anhaltspunkt, lokal bei sich zu starten und da sind Wasserkämpfe eine Möglichkeit.