Auswirkung von Diskriminierung und Rassismus auf die Psyche
Rassismus und Diskriminierung von Migranten sind in Deutschland weitverbreitet. Studien belegen, dass beispielsweise mehr als die Hälfte aller türkeistämmigen Frauen bereits Erfahrungen mit ethnischer Diskriminierung machen mussten (Aichberger et el. 2015). Doch dies ist nur ein Beispiel, letztendlich werden die meisten Menschen mit Migrationshintergrund von Erfahrungen mit Rassismus und Diskriminierung berichten können. Wenn sich rassistische Haltung in der Praxis gesellschaftlicher Institutionen (beispielsweise Krankenhäusern, Ämtern, Gerichte etc.) wiederfinden, sprechen wir von einem sog. institutionellen Rassismus. Spricht man mit den Betroffenen hört man häufig Geschichten von Verweigerung einer ärztlichen Behandlung, fehlende oder falsche Informationen in den Behörden und Ämtern, nicht nachvollziehbaren Kontrollen von der Polizei oder ähnlichem. Was für die meisten Migranten schon fast Alltag ist, kann jedoch ernste Folgen für die psychische Gesundheit der Betroffenen haben.
Die Biographie vieler Migranten ist bereits von Phasen langandauernder Belastung und Stress, einer Häufung schwerer kritischer Lebensereignisse und teilweise auch von Traumatisierung geprägt. Als Folge dessen erleben die Betroffenen ein tiefsitzendes Gefühl von Hilflosigkeit und einem Bedürfnis immer auf der Hut sein zu müssen, da das eigene Umfeld als nicht mehr sicher erlebt wird. Hinzu kommen im Rahmen des Migrationsprozesses Gefühle von Fremdheit, Ausgrenzung und Trauer um die verlorengegangenen Bezugspersonen, Kompetenzen und Chancen. Rassismus und Diskrimination verstärken diese Gefühle und können zu einem anhaltenden Misstrauen, aber auch zu Hoffnungslosigkeit, Ängsten und Verzweiflung führen. Vielen Personen mit Migrationshintergrund wird im Rahmen rassistischer Bemerkungen die Botschaft „Du bist nicht willkommen“; „Du bist nicht richtig so, wie du bist!“ vermittelt. Dies sind schmerzhafte Erfahrungen, welche häufig mit Frustration, Zweifeln und der immer wiederkehrenden Frage „War das Verlassen der Heimat eine richtige Entscheidung?“ einhergehen. All das hat nicht nur immensen Einfluss auf den Selbstwert der Betroffenen, sondern kann auch in Krisen und psychischen Erkrankungen münden.
Dies kann auch durch wissenschaftliche Studien belegt werden. So konnte gezeigt werden, dass Personen mit Migrationshintergrund besonders vielen psychosozialen Belastungen ausgesetzt sind, welche das Risiko für psychische Erkrankungen erhöhen (Bughra et al. 2014). Dazu gehören beispielsweise Armut im Wohnumfeld, Arbeitslosigkeit, schlechte Wohnsituation, Diskriminierung und Ausländerfeindlichkeit. All diese Belastungsfaktoren, welche für viele Migranten alltägliche Realität darstellen und im Rahmen des institutionellen Rassismus gefördert werden, haben einen großen Einfluss auf die psychische Gesundheit und somit auch auf das Gelingen des Integrationsprozesses (Heinz et al. 2013, Rapp et al. 2015).
Insgesamt lässt sich somit schlussfolgern, dass Erfahrungen mit Rassismus und Diskrimination für Personen mit ohnehin schon hohen seelischen Belastung, einen zusätzlichen schädlichen Einflussfaktor auf deren Chance in einem neuen Land eine Heimat zu finden, darstellen. Weiterhin stellt die Konfrontation mit Rassismus und Diskrimination eine weitere Belastung für die psychische Gesundheit dar und geht mit einem erhöhten Risiko für psychische Erkrankungen einher. Hinzukommt das der Weg zu Hilfesystemen und gesundheitlichen Versorgungszentren für Migranten deutlich erschwert ist. Aufgrund der fehlenden Orientierung, Sprachschwierigkeiten und Angst vor Stigmatisierung ist die Hürde sehr hoch. Und auch im gesundheitlichen Versorgungssystem sind Migranten immer wieder mit institutionellen Rassismus konfrontiert.
Dem institutionellen Rassismus entgegenzutreten ist eine Herausforderung, zumal er häufig nicht so leicht aufdeckbar ist, wie eine offene rassistische Beleidigung, welcher man mit gesetzlichen Mitteln entgegentreten kann. Dennoch ist die individuelle Verantwortung wichtig. Denn institutionelle Praktiken werden von Menschen gemacht und können, wie oben beschrieben verheerende Auswirkungen haben. Für die Mitarbeiter von Institutionen würde dies bedeuten, sich mit den eigenen Vorurteilen zu beschäftigen, und die eigene Praxis immer wieder zu reflektieren und zu hinterfragen. Weiterhin wären Fortbildung für Professionelle wichtig sowie Programme um Chancengleichheit zu fördern. Für Betroffene von Rassismus bleibt der Wunsch sich stark zu machen, auf Rassismus und Diskriminierung aufmerksam zu machen und ausländerfeindlichen Äußerungen kein Gehör zu schenken!