#16 Frieden, Gerechtigkeit und starke Institutionen

Friedliche und inklusive Gesellschaften im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung fördern, allen Menschen Zugang zur Justiz ermöglichen und effektive, rechenschaftspflichtige und inklusive Institutionen auf allen Ebenen aufbauen

Alle Formen der Gewalt und die gewaltbedingte Sterblichkeit überall deutlich verringern – so lautet das erste Unterziel von SDG 16. Dazu zählen unter anderem Kriege, organisierte Kriminalität, Terrorismus und staatliche Repressionen – Gewalt in der heutigen Welt ist vielfältiger denn je.

Gerechtigkeit für alle

Gerechte Institutionen und Rechtsstaatlichkeit sind ein weiterer Kernpunkt des SDGs 16. Für Geflüchtete, Migrant*innen und PoC (People of Color) ist Diskriminierung durch staatlichen Institutionen Alltag. Racial Profiling bezeichnet eine in Deutschland in der Praxis angewandte Polizeitaktik, nach der Personen hauptsächlich aufgrund ihrer Hautfarbe kontrolliert werden. Nicht-Weiße Menschen, insbesondere Geflüchtete werden überdurchschnittlich oft Opfer von Polizeigewalt. Das im Grundgesetz verankerte Recht auf Asyl ist durch die Praxis an den EU-Außengrenzen und diversen Asylrechtsverschärfungen de Facto abgeschafft. Im Asylprozess selbst sind geflüchtete Menschen immer wieder behördlicher Willkür ausgesetzt und haben nur eingeschränkte Möglichkeiten, sich dagegen rechtlich zu wehren.

Rechte bedrohen Frieden

Eine weitere Gefährdung für Migrant*innen geht von den immer offener agierenden Rechtsextremisten aus. Nicht nur aufgrund gewaltbereiter Nazis fühlen sich Migrant*innen unsicher, sondern auch wegen staatlichen Behörden und einer Mehrheitsgesellschaft, die öfter wegsieht als einschreitet.So drängen Rechtsextremisten nach wie vor massiv in den Alltag der Bildung und ihrer Institutionen in Deutschland und engagieren sich stark. Auch Kitas sind davon betroffen.

Briefe aus dem Lager

Millionen Syrer wurden durch den Krieg vertrieben. Viele von ihnen sind gefangen in Flüchtlingslagern innerhalb des Landes oder in den Nachbarländern. Für sie gibt es weder ein vor noch ein zurück. Besonders Frauen leiden. Von Mofida Ankir

Mein Name ist Amal. Amal bedeutet auf Arabisch Hoffnung. Aber es ist klar, dass ich mit meinem Namen nur wenig gemeinsam habe. Wie kann Hoffnung gut für mich sein? Ich lebe in einem Zelt an der Grenze zu meiner Heimat, nach deren Umarmung ich mich schon so lange sehne.

Ich kann mich nicht an mein Leben in diesem neuen Haus gewöhnen, einem Haus aus Stoff, alles in Eile gemacht. Welche Sicherheit soll dieses kleine Tuchhaus schon bieten? Können Sie es sich vorstellen? Im Sommer ist der Wind unser Gast, im Winter der Regen.

Ich wache jeden Morgen auf, um meine Sachen neu zu ordnen. Nichts Wichtiges. Zwei Matratzen, zwei Decken und ein paar Kissen für eine ganze Familie. Ich habe genug Zeit für alles, denke darüber nach, meine Nägel rot zu lackieren. Doch dann ist es, als würden sie mich anschreien: Rot ist die Farbe des Blutes, das jeden Tag Menschen vergießen. Ich denke darüber nach, meine Haare zu färben. Doch dann sehe ich in ihnen nur noch die Flammen, die aus den Mündern der Waffen und Panzer blitzen, in allen schrecklichen Farben.


Ich reorganisiere meine Gedanken: Doch eigentlich ist das nicht nötig, Hochzeiten und Events gibt es nicht mehr, Frauen treffen sich hier nicht, wie gewöhnlich, jeden Morgen oder Abend. Es gibt keine neuen Nachrichten, nur Tod und Krieg und Abschied.

Ich lebe hier nicht im Zelt, wie andere in ihren Sommerreisen für zwei Tage oder vielleicht eine Woche. Unser Aufenthalt hier ist so lange wie der Krieg. Die Landschaft hier ist weit und leer. Es gibt keine Straßen oder Autos, derentwegen ich mich um meine Kinder sorgen müsste, nicht einmal Bälle.

Es gibt nur Muscheln, Muscheln, die ihre Ziele nicht verfehlen, wirklich getroffen, im Herzen und im Kopf.

Was sollte eine Frau wie ich schon tun? Meine Mutter besuchen, die ich in einem Dorf zurückgelassen habe, einem Dorf, das vom Tod besucht wurde? Oder meine Freunde besuchen, einen Einkaufsbummel von einem anderen Lager aus unternehmen?

Der größte Traum für Frauen, die im Lager leben, ist es, Kleidung in weißen, gelben oder blauen Farben zu kaufen – der Farbe von Staub, Wind und Regen.
Mein Sohn fragt mich jeden Tag, wann er in die Schule zurückkehren kann. Ich habe wirklich keine Antwort, ich will nicht lügen. Ich antworte ihm, du kannst zurück in die Schule, wenn sie dich vermisst.

Ah, ich habe vergessen es dir zu sagen, Schulen bestehen ebenfalls aus Leinwand. Manchmal auch aus Bäumen. Die Augen der Lehrerinnen haben die Farbe der Erde, und ihre Tränen die Farbe des Regens.

Meine Erinnerungen hier töten mich jeden Tag. Ich weine und lache mit ihnen, sie machen mich optimistisch und frustriert zugleich. Manchmal weine ich vom Anblick eines Bildes, manchmal lächle ich, wenn ich das Gesicht eines Kindes sehe.

Manchmal gibt mir der Anblick einer Lehrerin Hoffnung, die ihre Schüler unter einem Baum unterrichtet. Der Anblick einer alten Frau, die all ihre Kinder verloren hat, nimmt sie mir wieder.

Mein jüngstes Kind denkt, dass diese Art zu leben normal sei – Stoffhäuser, Kinder in alten Kleidern und elende Gesichter. Es hat nie etwas anderes kennengelernt – Menschen, die in Häusern leben, zur Arbeit gehen und glücklich sind.
Dies sind einige meiner Neuigkeiten, wenn Sie sich für mich interessieren.